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Bundesweit einzigartiges Zentrum für Forschung, Lehre und Therapie entsteht in Dresden

In einem neuen Zentrum für Metabolisch-Immunologische Erkrankungen und Therapietechnologien Sachsen der Medizinischen Fakultät an der Technischen Universität Dresden und des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus werden künftig Experten der Inneren Medizin, Endokrinologie, Immunologie, Chirurgie, Transplantationsmedizin, Zellbiologie und den Materialwissenschaften gemeinsam neue medizinische Ansätze entwickeln. In dem Neubau sollen ab 2023 Wissenschaftler und Mediziner neue Methoden für Diagnostik, Therapie und Vorbeugung von Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes entwickeln. Der Aufbau von hochmodernen Kommunikationsschnittstellen zwischen Patienten, Ärzten und Wissenschaftlern sowie zu digitalen Daten wird international wegweisend für die zukünftige Behandlung nicht nur von Diabetespatienten sein. Bund und Land unterstützen den Neubau, für den Investitionen über 35,5 Millionen Euro notwendig sind.

Quelle: TUD

In einer Presseinformation der TU Dresden heißt es: "In Deutschland leiden mehr als acht Millionen Menschen unter Diabetes, der hinsichtlich der Häufigkeit und Sterblichkeit an vierter Stelle aller Erkrankungen steht. Denn die Folge der Stoffwechselkrankheit ist nicht nur ein sichtbares Übergewicht. Diabetes heißt auch, ein gesteigertes Herzinfarktrisiko, die Gefahr zu erblinden oder Durchblutungsstörungen zu entwickeln. In den letzten 20 Jahren stieg in Deutschland die Zahl der Betroffenen um fast 40 Prozent. Unter der älteren Bevölkerung ist jeder Fünfte daran erkrankt. Allein in der Bundesrepublik kommen jeden Tag 1.000 Betroffene hinzu. Weltweit sind eine halbe Milliarde Menschen von dieser Zivilisationskrankheit betroffen. Dies bringt gesellschaftliche und sozio-ökonomische Herausforderungen für Politik, Gesellschaft und Wirtschaft mit. 'Um die epidemische Ausbreitung zu mindern und für Patienten neue komplikationsarme Behandlungsansätze zu entwickeln, müssen wir ausgetretene Pfade verlassen', sagt DZD-Wissenschaftler Prof. Stefan R. Bornstein, Sprecher des Zentrums für Metabolisch-Immunologische Erkrankungen und Therapietechnologien Sachsen (MITS). 'Es bedarf breit gefächerter interdisziplinärer Ansätze, um die neuen Erkenntnisse aus der metabolisch-immunologischen Biomedizin hin zu neuartigen und effektiven Strategien für die Diagnostik und Therapie von Diabetes und seinen Folgekrankheiten zu entwickeln.'

Ein Beispiel dafür ist ein Bioreaktor: 'Man kann ihn sich wie einen Herzschrittmacher vorstellen. Eine kleine Dose von fünf bis sechs Zentimetern Durchmesser, die auf das Bauchfell, also unter die Haut, transplantiert wird', sagt Prof. Bornstein. In der Dose sind Betazellen beispielsweise des Schweins verpackt und so vor den Abwehrmechanismen des menschlichen Körpers geschützt. Über einen Port werden die Zellen von außen mit Sauerstoff versorgt, über eine Membran bekommen sie körpereigene Nährstoffe. Der Reaktor kann selbstständig nach Bedarf Insulin produzieren und an den Körper abgeben. Die Gabe von Insulin über Spritze oder Pumpe in den Körper wäre damit überflüssig. Bis der Bioreaktor allen Menschen mit Typ-1 Diabetes helfen kann, müssen Mediziner, Zellbiologen, Ingenieure und Materialwissenschaftler weiter forschen. Das MITS wird dafür das Zentrum sein.

'Es geht um ein neues, innovatives Verständnis, wie die Regulation des Immunsystems funktioniert', fährt der MITS-Sprecher fort. Unter anderem sollen Mechanismen erforscht werden, die eine Abstoßung von Zellen und Organen durch das eigene Immunsystem sowie die Entstehung und das Fortschreiten der Krankheit verhindern. Zudem wollen die Wissenschaftler im MITS neue Materialien testen, die im menschlichen Körper die Stamm- oder Spenderzellen vor Abstoßung schützen. Es geht um Prävention und um Heilung. Folgeerkrankungen an Gefäßen, Herz, Niere, Leber sowie an den Knochen, die durch Diabetes und andere Stoffwechselerkrankungen hervorgerufen werden, sollen verhindert und die Regeneration der Zellfunktionen ermöglicht werden. 'Und wir wollen die neuen Technologien und Therapien auch am Patienten anwenden', sagt Prof. Stefan R. Bornstein.

Prof. Michele Solimena, Sprecher des Paul Langerhans Instituts Dresden des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung und Professor für Molekulare Diabetologie an der Medizinischen Fakultät Dresden, profitiert bereits davon. Zusammen mit seinem Team erforscht er die Funktionsweise der Betazellen – unter anderem auch mithilfe von menschlichen Gewebeproben. Die Betazellen der Bauchspeicheldrüse sind die einzigen Zellen, die im menschlichen Körper das blutzuckersenkende Hormon Insulin freisetzen. Die autoimmune Zerstörung der Betazellen lässt den Typ-1 Diabetes entstehen, wohingegen eine beeinträchtigte Insulinausschüttung eine Rolle beim Entstehen des Typ-2 Diabetes spielt. Mit dem Wissen über die Funktionsweise der Zellen und der Abläufe im Körper beim Fortschreiten der Erkrankung könnte Diabetes langfristig verhindert beziehungsweise bestehende Therapien optimiert werden. Unter anderem arbeiten verschiedene Forschungsgruppen bereits daran, die im Bioreaktor eingesetzten Zellen weiter zu verbessern. 'Das MITS bietet exzellente Möglichkeiten, Wissenschaftler auf dem Gebiet der Diabetesforschung zusammenzubringen', sagt Prof. Michele Solimena.

Der offizielle erste Spatenstich (v.l.n.r.) Wilfried Winzer, Kaufmännischer Vorstand UKD Dresden, Dr. Andreas Handschuh, Kanzler TU Dresden, Prof. Heinz Reichmann, Dekan Medizinische Fakultät Dresden, Prof. Michele Solimena, Professor für Molekulare Diabetologie TU Dresden, Prof. Stefan Bornstein, Sprecher MITS, Uwe Gaul, Staatssekretär SMWK, Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand UKD Dresden. Foto: UKD/Marc Eisele

Zur Presseinformation der TU Dresden