Die kontinuierliche Glukoseüberwachung (CGM) hat die Diabetesversorgung revolutioniert. Heute können Menschen mit Diabetes mit Hilfe dieser Systeme ohne Fingerpiks ihren Blutzucker kontinuierlich messen. Die Geräte verwenden Mikronadeln, um den Glukosespiegel in der interstitiellen Flüssigkeit zu messen, die sich zwischen den Zellen befindet. Ein Nachteil ist die verzögerte Glukosemessung, weil die Glukose erst aus den Blutkapillaren in die interstitielle Flüssigkeit gelangen muss.
Der nächste Schritt ist die Entwicklung von nicht-invasiven Glukosemessmethoden, die ohne Nadeln auskommen. Hierfür werden optische und optoakustische Methoden untersucht. Eine vielsprechende Technik ist die Raman-Spektroskopie, die Moleküle wie Glukose anhand ihrer Schwingungen nach der Wechselwirkung mit Licht identifiziert. Bisher war ein Problem, dass diese Methode Signale aus allen Hautschichten mischt, was die Genauigkeit beeinträchtigt. Eine andere wesentliche Methode, die bereits länger existiert, ist die optoakustische Technik mit der Bezeichnung „deep-gated mid-infrared optoacoustic sensor“ (DIROS)1. Sie ermöglicht die Messung von Glukose im Blut, indem die optoakustischen Signale zeitlich so gesteuert werden, dass nur Messungen in den gefäßreichen subkutanen Schichten erfasst werden.
Verbesserte Raman-Spektroskopie für Glukosemessung
Eine neue Studie von Zhang et al. in Nature Metabolism 2 zeigt, dass die Raman-Spektroskopie durch Fokussierung auf gefäßreiche Hautschichten verbessert werden kann. Die Forschenden verwendeten die multiple μ-spatially offset Raman spectroscopy (mμSORS). Diese Methode ermöglicht es, Signale aus tieferen Hautschichten zu erfassen, in denen sich die Kapillaren befinden. Die Forschenden verglichen die Ergebnisse ihrer Methode mit den Plasmaglukosewerten von 230 Teilnehmenden. Die neue Technik zeigte eine hohe Genauigkeit und könnte eine vielversprechende Methode für die nicht-invasive Glukoseüberwachung sein.
Weitere Herausforderungen müssen gelöst werden
Die Autoren Birkenfeld und Ntziachristos weisen darauf hin, dass trotz der vielversprechenden Ergebnisse noch einige Herausforderungen gelöst werden müssen, bevor ein breiter Einsatz bei Menschen mit Diabetes möglich ist. Die Messzeit von derzeit etwa acht Minuten erschwert die Erfassung schneller Glukoseschwankungen, die für eine genaue Hypoglykämie-Überwachung wichtig sind. Zudem ist das aktuelle Gerät so groß wie ein Desktop-Computer, was den Einsatz zu Hause erschwert.
„Trotzdem ist diese Technik ein Schritt in Richtung einer nadelfreien Zukunft für die Glukoseüberwachung. Zusammengenommen scheint die mμSORS-Technologie die nicht-invasive Glukoseüberwachung auf die nächste Stufe zu heben, indem sie einen Proof-of-Concept für ihre Anwendbarkeit bei Menschen mit und ohne Diabetes liefert“, sagt Prof. Andreas Birkenfeld. „Obwohl einige Aspekte wie die Genauigkeit im hypoglykämischen Bereich, die Messzeit und die Größe des Geräts weiter optimiert werden müssen, sind die präsentierten Daten ein überzeugender Schritt in Richtung einer nadelfreien und nicht-invasiven Zukunft für Millionen von Patienten.“
1Uluc, N. et al. Non-invasive measurements of blood glucose levels by time-gating mid-infrared optoacoustic signals. Nat Metab 6, 678-686, doi:10.1038/s42255-024-01016-9 (2024).
2Zhang, Y., Zhang, L., Wang, L. et al. Subcutaneous depth-selective spectral imaging with mμSORS enables noninvasive glucose monitoring. Nat Metab (2025). https://doi.org/10.1038/s42255-025-01217-w
Original-Publikation:
Birkenfeld, A.L., Ntziachristos, V.: A future without needles: non-invasive glucose measurements in patients with diabetes. Nat Metab (2025). https://doi.org/10.1038/s42255-025-01221-0
Über die Forscher:
Prof. Dr. med. Andreas Birkenfeld
Andreas Birkefeld ist Ärztlicher Direktor und Leiter der Klinik für Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie am Universitätsklinikum Tübingen sowie Direktor des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM), Helmholtz München. Er ist Vorstand und einer der fünf Sprecher des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).
Prof. Vasilis Ntziachristos
Vasilis Ntziachristos ist Direktor des Instituts für Biologische und Medizinische Bildgebung und Direktor, Abteilung für Bioingenieurwesen am Helmholtz Munich. Er hat den Lehrstuhl für Biologische Bildgebung, Zentrales Institut für Translationale Krebsforschung (TranslaTUM), Fakultät für Medizin und Gesundheit & Fakultät für Informatik, Information und Technik, Technische Universität München inne. Er ist der Erfinder der DIROS Technologie1.