Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hebt die Bedeutung einer gesunden Ernährung zur Vorbeugung chronischer Krankheiten hervor und empfiehlt, gesättigte tierische Fette, die zum Beispiel in Butter enthalten sind, durch pflanzliche ungesättigte Fette, wie sie beispielsweise aus Oliven- und Rapsöl bekannt sind, zu ersetzen, um das kardiometabolische Risiko zu reduzieren. Allerdings werden diese Richtlinien aufgrund von Einschränkungen in bestehenden Studien bisher teilweise kontrovers diskutiert, da insbesondere großangelegte Interventionsstudien zu Ernährung und Erkrankungsrisiken, welche die stärkste Evidenzkraft haben, schwer durchzuführen sind.
Fabian Eichelmann und seinen Kolleg:innen vom Deutsches Institut für Ernährungsforschung (DIfE) ist es nun gemeinsam mit Forschenden der Chalmers University of Technology in Schweden sowie mehrerer anderer Universitäten gelungen, mittels Lipidomik* die Vorteile kleinerer Ernährungsinterventionsstudien mit denen prospektiver Kohortenstudien zu kombinieren.
„Wir haben Blutproben einer viermonatigen Interventionsstudie mittels Lipidomik analysiert, um spezifische Lipidmoleküle zu identifizieren, welche die unterschiedlichen Ernährungsweisen der Proband*innen widerspiegelten. Die Auswirkungen auf 45 verschiedene Fettmetabolite haben wir dann in einem Multi-Lipid-Score (MLS) zusammengefasst. Ein hoher MLS steht für einen hohen Konsum von ungesättigten pflanzlichen Fetten und wenig gesättigten tierischen Fetten“, berichtete der 38-jährige Wissenschaftler des DIfE und Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) in seiner Präsentation anlässlich der Preisverleihung in Kassel.
Dr. Fabian Eichelmann (m.) mit dem DGE-Präsidenten Prof. Dr. Bernhard Watzl (l.) und Vizepräsidentin Prof. Dr. Ute Nöthlings (r.). © Christian Augustin
Die MLS-Ergebnisse aus der Ernährungsinterventionsstudie hat das Forscherteam dann statistisch mit dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes in großen, zuvor durchgeführten Beobachtungsstudien wie der EPIC-Potsdam-Studie in Verbindung gebracht. Die gemeinsame Datenanalyse von beiden Studientypen zeigte, dass Teilnehmende mit einem höheren MLS ein deutlich reduziertes Risiko für beide Erkrankungen hatten. Zusätzlich untersuchte das internationale Forscherteam, ob Personen mit niedrigen MLS-Werten speziell von einer gesünderen Ernährung profitieren. Die mediterrane Ernährung, die besonders reich an ungesättigten pflanzlichen Fetten ist, wurde in der großen Ernährungsinterventionsstudie PREDIMED mit einer fett-reduzierten Diät verglichen. Die Forschenden fanden heraus, dass die Prävention von Typ-2-Diabetes tatsächlich bei den Personen am ausgeprägtesten war, die zu Studienbeginn niedrige MLS-Werte aufwiesen.
Dieser innovative Ansatz, den das Autor*innen-Team um Fabian Eichelmann in ihrer in Nature Medicine publizierten Forschungsarbeit „Lipidome changes due to improved dietary fat quality inform cardiometabolic risk reduction and precision nutrition“ zeigen, überzeugte auch das Gutachtergremium für den Hans Adolf Krebs-Preis um den DGE-Präsidenten Prof. Dr. Bernhard Watzl.
„Ich bin sehr stolz auf die Auszeichnung unserer Arbeit und dankbar, dass dieses großartige Kooperationsprojekt mit den Kolleginnen und Kollegen in Großbritannien, Schweden, Spanien und den USA so fruchtbare Ergebnisse gebracht hat", freute sich Fabian Eichelmann nach der Überreichung des Wissenschaftspreises durch DGE-Vizepräsidentin Prof. Dr. Ute Nöthlings.
Die Erkenntnisse bestätigen die gesundheitlichen Vorteile, gesättigte Fette zugunsten von ungesättigten Fetten zu reduzieren, und tragen dazu bei, gezielte Ernährungsempfehlungen insbesondere für diejenigen zu formulieren, die am meisten von einer Änderung ihrer Essgewohnheiten profitieren würden.
Zur Person
Dr. Fabian Eichelmann wurde 1986 in Troisdorf/Nordrhein-Westfalen geboren. Nach seinem Masterstudium in Ernährungswissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg kam er 2015 an das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE). Hier promovierte er 2018 in der Senior Scientist Group Ernährung, Immunität und Metabolismus zum Thema „Novel adipokines as inflammatory mediators of aging and risk of chronic disease: phenotypic characterization and etiological insights“. Parallel zu seiner Dissertation am DIfE absolvierte Eichelmann an der Charité – Universitätsmedizin Berlin ein Masterstudium in Epidemiologie.
Seit Anfang 2019 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Molekulare Epidemiologie tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Biomarker, insbesondere in der Lipidomik, Genetik und Epigenetik. Hierbei konzentriert er sich darauf, den Zusammenhang zwischen Ernährung und kardiometabolischen Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes, zu verstehen. Durch die Integration dieser Disziplinen zielt er darauf ab, tiefere Einblicke in die molekularen Mechanismen zu gewinnen, die diese Erkrankungen beeinflussen.
Hans Adolf Krebs-Preis
Der mit 5.000 Euro dotierte Hans Adolf Krebs-Preis wird alle vier Jahre auf dem Wissenschaftlichen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) verliehen. Er zeichnet wissenschaftliche Arbeiten in der Grundlagenforschung der Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaft aus, die einen besonderen ernährungsphysiologischen Fokus haben, einen originellen Ansatz und methodisches Vorgehen zeigen sowie innovative Lösungen bieten. Der Preis wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.
*Lipidomik
Die Lipidomik (engl.: Lipidomics) ist ein Zweig der Metabolomik. Sie dient der vollständigen Charakterisierung aller Lipide und ihrer Stoffwechselprodukte innerhalb eines Organismus. Für moderne Lipidomik-Analysen werden chromatographische und spektroskopische Methoden kombiniert, um auch sehr ähnliche Lipide voneinander unterscheiden zu können.