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Lebensstiländerung kann erhöhten Blutzucker nicht immer senken

In der „Prädiabetes Lebensstil Interventionsstudie (PLIS)“ des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) wird derzeit untersucht, ob und wie Interventionsprogramme zur Lebensstiländerung für Menschen mit Prädiabetes individuell besser angepasst werden können. Ziel ist es, bei mehr Patienten als bisher die Entwicklung zum manifesten Diabetes zu verhindern. An dem Forschungsprojekt sind bundesweit 8 Universitäten und Forschungsinstitute beteiligt. Die Forschergruppe vom Universitätsklinikum Tübingen um Prof. Andreas Fritsche und Prof. Norbert Stefan veröffentlichte nun erste Ergebnisse aus dem „Tübinger Lebensstil Interventionsprogram (TULIP)“, auf dem die PLIS-Studie basiert: Bereits vor der Lebensstilintervention ist die Chance auf Erfolg vorhersagbar.

Prof. Norbert Stefan und Prof. Andreas Fritsche, Quelle: IDM

Eine Lebensstiländerung mit vermehrter körperlicher Aktivität und gesunder Ernährung gilt als wichtigste Maßnahme bei der Vorbeugung des Typ-2-Diabetes. Dies trifft auch für Patienten zu, die bereits einen Prädiabetes entwickelt haben. Erfahrungen mit Lebensstilinterventionsprogrammen zeigen jedoch, dass der Erfolg individuell stark variiert: Es gibt eine Gruppe von Menschen mit Prädiabetes, die zwar erfolgreich ihre Ernährung umstellt, ihr Gewicht reduziert und ihre Bewegung steigert, deren Risiko für einen späteren Diabetes aber hoch bleibt.

Prof. Norbert Stefan und Prof. Andreas Fritsche vom Universitätsklinikum Tübingen konnten gemeinsam mit ihren Kollegen anhand von Daten aus dem „Tübinger Lebensstil Interventionsprogram (TULIP)“ zwei Phänotypen (Erscheinungsbilder) identifizieren, mit deren Bestimmung sich vorhersagen lässt, bei welchen Patienten durch eine Lebensstilintervention eine ausreichend hohe Reduktion von erhöhten Blutzuckerwerten zu erwarten ist. Erfolgsentscheidend ist demnach, ob Patienten eine Insulinsekretionsstörung und/oder eine Kombination aus nichtalkoholischer Fettleber mit Insulinresistenz aufweisen. „Menschen mit diesen Merkmalen hatten eine fast identische Gewichtsabnahme im Vergleich zu jenen Personen, bei denen die Konstellation nicht vorlag. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie normale Blutzuckerwerte erreichten, war aber um das 4,5-fache geringer“, so Professor Stefan. Die Normalisierung erhöhter Blutzuckerwerte gilt als wichtiger Indikator einer erfolgreichen Diabetesprävention.

Die neuen Erkenntnisse haben zwei wichtige Implikationen für die Prävention des Typ-2-Diabetes und seiner Folgeerkrankungen. Erstens konnten die Tübinger Forscher bestätigen, dass das Erscheinungsbild des Typ-2-Diabetes sehr heterogen ist. Auf Basis der Studienergebnisse scheint zukünftig eine sinnvolle Phänotypisierung möglich zu werden. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass Patienten mit Prädiabetes gezielt die für sie bestmöglichen Maßnahmen erhalten können. Zweitens sind individualisierte Präventionsansätze erforderlich. „Hierfür müssen weitere wissenschaftliche Untersuchungen erfolgen“, erklärt Professor Fritsche. Die von der Tübinger Forschergruppe ermittelte Phänotypisierung bildet die Grundlage für das Studiendesign der nun bundesweit und multizentrisch durchgeführten PLIS-Studie. Sie geht der Frage nach, ob bei Patienten, die auf herkömmliche Programme nicht ansprechen, durch eine intensivere Lebensstilintervention das Diabetesrisiko gesenkt werden kann.

Interessenten für die Teilnehme an dieser Studie erhalten weitere Informationen in der DZD Geschäftsstelle unter Tel.: 089/3187-2832 oder E-Mail:

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V. ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner.

Quelle:
Stefan N, Staiger H, Wagner R, Machann J, Schick F, Häring HU, Fritsche A. A high-risk phenotype associates with reduced improvement in glycaemia during a lifestyle intervention in prediabetes. Diabetologia. 2015 Sep 24. [Epub ahead of print], 10.1007/s00125-015-3760-z