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NutriAct-Ernährungsstudie zeigt: Mehrfach ungesättigte Fettsäuren senken Bauchfett und kardiometabolisches Risiko

Aktuelle Ergebnisse aus dem Kompetenzcluster der Ernährungsforschung „NutriAct“ belegen, dass ein Ernährungsmuster mit hohem Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren das viszerale Fettgewebe unabhängig von einer Gewichtsabnahme reduziert und somit das kardiometabolische Risiko bei älteren Menschen verbessert. Die Erkenntnisse könnten neue Wege zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eröffnen und zu verbesserten Ernährungsempfehlungen für die Bevölkerung ab 50 führen. Die Studie wurde von Wissenschaftler:innen des DZD-Partners Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin durchgeführt und im Fachjournal 'Nutrients' veröffentlicht.

© Ina Schoenenburg / DIfE

Gefährliches Bauchfett
Übergewichtsbedingte metabolische Störungen wie Dyslipidämie und Insulinresistenz sind Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere bei älteren Personen. Einen entscheidenden Einfluss darauf hat das viszerale Fettgewebe, besser bekannt als Bauchfett. Dabei handelt es sich um Fettzellen, die unter der Muskelschicht im Bauch liegen und die inneren Organe umgeben. Eigentlich dient das viszerale Fettgewebe als Energiereserve bei fehlender Nahrung, doch es hat auch zahlreiche negative Eigenschaften. So kann es unter anderem die Freisetzung von Entzündungs- und anderen Botenstoffen steigern und gefäßschädigende Blutfette begünstigen. Menschen mit zu viel Bauchfett leiden häufig unter Bluthochdruck und haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleber und Typ-2-Diabetes. Obwohl eine Gewichtsreduktion als effektives Mittel zur Verringerung des Bauchfetts angesehen wird, ist der langfristige Erfolg oft begrenzt. Bei älteren Menschen, die per se ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen haben, kann ein Gewichtsverlust hinsichtlich der Muskulatur sogar nachteilig sein. Daher werden in den Leitlinien für ältere Erwachsene ein moderater Kalorienverzicht und eine Aufrechterhaltung der Muskelmasse empfohlen.

Zwei Ernährungsweisen im Vergleich
Vor diesem Hintergrund haben Wissenschaftler:innen vom DIfE und der Charité – Universitätsmedizin Berlin innerhalb des Kompetenzclusters der Ernährungsforschung „NutriAct“ die Auswirkungen eines speziellen Ernährungsmusters auf das viszerale Fettgewebe und das kardiometabolische Risikoprofil untersucht. Für die dreijährige NutriAct-Ernährungsstudie wurden 502 Männer und Frauen im Alter von 50 bis 80 Jahren per Zufallsprinzip einer Interventionsgruppe oder einer Kontrollgruppe zugeordnet. Die Interventionsgruppe folgte dem NutriAct-Ernährungsmuster mit einem hohen Anteil an einfach- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, vorwiegend pflanzlichen Proteinen und Ballaststoffen. Sie erhielten dafür speziell hergestellte Lebensmittel und nahmen innerhalb von 12 Monaten an elf Kleingruppensitzungen einschließlich Ernährungs-, Koch- und Lebensstilberatung teil. Die Kontrollgruppe hingegen ernährte sich entsprechend den Standard-Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und erhielt ein Jahr lang drei Ernährungsberatungen sowie einige kostenlose konventionelle Lebensmittel.

MRT-Untersuchung zeigt klare Ergebnisse
Zur Analyse des viszeralen Fettgewebes wurde bei einer Teilgruppe von 300 Proband:innen zu Beginn und nach 12-monatiger Ernährungsintervention eine Untersuchung im Magnetresonanztomographen (MRT) durchgeführt. Diese Messmethode ist gegenüber der üblicherweise genutzten Messung des Taillenumfangs viel präziser und gilt als Goldstandard. Die MRT-Untersuchung zeigte eine signifikante Reduktion des viszeralen Fettgewebes bei der Interventionsgruppe, während es bei der Kontrollgruppe keine Veränderungen gab. „Diese Reduktion wurde maßgeblich durch die erhöhte Aufnahme von mehrfach ungesättigten Fettsäuren vermittelt und ging mit einer Verbesserung des kardiometabolischen Risikomarkers LDL-Cholesterin einher. Die veränderte Aufnahme von einfach ungesättigten Fettsäuren, Proteinen und Ballaststoffen scheint hier nicht der wesentliche Treiber für den Effekt auf das viszerale Fettgewebe gewesen zu sein“, sagt Prof. Knut Mai, Leiter der Abteilung Humanernährung am DIfE. Interessanterweise war dieser Effekt unabhängig vom leichten Gewichtsverlust, der sich in beiden Gruppen zeigte, was die Bedeutung der spezifischen Nährstoffzusammensetzung hervorhebt.

Diese Erkenntnisse tragen dazu bei, das Verständnis über die Rolle von bestimmten Nährstoffen und Ernährungsmustern bei der Reduktion des viszeralen Fettgewebes und der Verbesserung des kardiometabolischen Profils zu vertiefen. 

Ernährungsempfehlungen für 50 Plus optimieren
„Die Ergebnisse sind besonders relevant für ältere Menschen, die ein erhöhtes Risiko für kardiometabolische Erkrankungen haben“, erklärt Nina Meyer, Erstautorin der Studie. „Die spezifische Ernährungsweise könnte als präventive Maßnahme gegen solche Erkrankungen dienen, ohne dass eine drastische Gewichtsreduktion notwendig und ein Verlust der Muskelmasse zu befürchten ist.“ Die Erkenntnisse der Studie könnten genutzt werden, um Ernährungsempfehlungen für Menschen ab 50 Jahre zu verbessern und die individuelle Ernährungsberatung anzupassen. „Das NutriAct-Ernährungsmuster kann im Vergleich zu anderen Diätformen einfacher in den Alltag integriert werden und dazu beitragen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der breiten Bevölkerung zu senken“, sagt Meyer. In zukünftigen Untersuchungen wollen die Forschenden die zugrunde liegenden Mechanismen dieser Effekte weiter aufklären und den Einfluss des Ernährungsmusters auf andere kardiovaskuläre Systeme, wie zum Beispiel die Herzfunktion, genauer analysieren.


Original-Publikation:
Meyer, N. M. T., Pohrt, A., Wernicke, C., Pletsch-Borba, L., Apostolopoulou, K., Haberbosch, L., Machann, J., Pfeiffer, A. F. H., Spranger, J., Mai, K.: Improvement in Visceral Adipose Tissue and LDL Cholesterol by High PUFA Intake: 1-Year Results of the NutriAct Trial. Nutrients 16(7):1057 (2024). [Open Access] 

 

Hintergrundinformationen:

Kompetenzcluster der Ernährungsforschung „NutriAct“
Das Verbundprojekt „Nutritional Intervention for Healthy Aging: Food Patterns, Behavior, and Products“ – kurz NutriAct – war eins von vier vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 12 Millionen Euro geförderten Kompetenzclustern der Ernährungsforschung. Zentrales Ziel des 2015 gestarteten Verbundprojekts war es, den Gesundheitsstatus der Fünfzig- bis Siebzigjährigen zu verbessern. Dafür bündelte der Forschungsverbund in Berlin/Brandenburg Ernährungsforschung und -wirtschaft. Der wissenschaftliche Vorstand des DIfE, Prof. Tilman Grune, leitete den Verbund, an dem über 30 Forschungseinrichtungen und Unternehmen beteiligt waren. Der Förderzeitraum von NutriAct endete mit dem 31.03.2022, die Ergebnisse werden jedoch weiterhin ausgewertet und veröffentlicht.

Die NutriAct-Ernährungsstudie war ein bedeutendes Teilprojekt und verfolgte das Ziel, mit dem spezifischen NutriAct-Ernährungsmuster altersbezogene Zivilisationskrankheiten zu vermeiden, die Funktion von Herz und Blutgefäßen sowie die Kognition und den Stoffwechsel zu verbessern, einer Leberverfettung vorzubeugen und die Muskelmasse zu erhalten. Die teilnehmenden 319 Frauen und 183 Männer zwischen 50 und 80 Jahren hielten sich dabei für drei Jahre an die vorgegebene Ernährungsintervention.

 

Zusammensetzung der Nahrung [tägl. Aufnahme in % der Gesamtenergie] in der NutriAct-Ernährungsstudie

NutriAct-Ernährungsmuster

Fett: 35-40 %
> gesättigte Fettsäuren: ≤ 10 %
> einfach ungesättigte Fettsäuren: 15-20 % mehrfach ungesättigte
> Fettsäuren: 10-15 %
Eiweiß: 15-25 %
Kohlenhydrate: 35-45 %
Ballaststoffe: ≥ 30 g

Kontrolldiät
Fett: 30 %
> gesättigte Fettsäuren: ≤ 10 %
> einfach ungesättigte Fettsäuren: ≥ 10 % mehrfach ungesättigte
> Fettsäuren: 7-10 %
Eiweiß: 15 %
Kohlenhydrate: 55 %
Ballaststoffe: ≥ 30 g


Taillenumfang richtig messen
Mithilfe eines Maßbands kann der Taillenumfang selbst gemessen werden, idealerweise vor dem Frühstück. Stellen Sie sich mit dem Gesicht zum Spiegel, die Füße ca. 15 cm auseinander. Der Oberkörper sollte frei sein. Die Messstelle befindet sich in der Mitte zwischen dem untersten Rippenbogen und dem Oberrand des Beckenknochens. Atmen Sie bei der Messung aus (ohne den Bauch einzuziehen).

Der Taillenumfang sollte

> bei Frauen nicht über 88 cm und
> bei Männern nicht über 102 cm liegen.

Bei größeren Werten liegt eine bauchbetonte Adipositas vor und das Risiko für Folgeerkrankungen wie Herzkrankheiten, Schlaganfälle und Typ-2-Diabetes ist deutlich erhöht. Personen, die einen größeren Taillenumfang und einen BMI über 25 kg/m2 haben, sollten ihre Hausärztin bzw. ihren Hausarzt für einen weiteren Risikocheck aufsuchen.

 

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Knut Mai
Leiter der Abteilung Humanernährung am DIfE und Komm. Klinikdirektor an der Medizinischen Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin
E-Mail: knut.mai(at)dife.de / knut.mai(at)charite.de

Nina Meyer
Medizinische Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin an der Charité ─ Universitätsmedizin Berlin
E-Mail: nina.meyer(at)charite.de

 

Pressekontakt:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 033200 88-2335
E-Mail: presse(at)dife.de