Forscher decken im großen Maßstab krankheitsrelevante Gene auf

Neuherberg, 31. Juli 2015. Trotz umfangreicher Forschung in den letzten Jahren ist die Funktion einer Vielzahl von Säugetier-Genen und deren Rolle für Gesundheit und Krankheit nach wie vor unklar. In einer bislang einzigartigen Studie haben DZD-Forscher des Helmholtz Zentrums München zusammen mit Kollegen aus dem europäischen Konsortium EUMODIC nun die Daten von genetisch unterschiedlichen Mauslinien ausgewertet, um neue krankheitsrelevante Bezüge zu entdecken. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Zeitschrift ‚Nature Genetics‘ veröffentlicht.

Prof. Dr. Martin Hrabě de Angelis, DZD-Vorstand sowie Leiter des Instituts für Experimentelle Genetik (IEG) am Helmholtz Zentrum München, und seine Kollegen etablierten dafür standardisierte Untersuchungen an krankheitsrelevanten Organsystemen. Eine derart umfassende und vergleichbare Analyse gab es bislang noch nie. Darüber hinaus entwickelten sie mit ihren Kollegen von der Oxford University spezielle statistische Verfahren, die Ihnen erlauben, signifikante Aussagen über die entsprechende Funktion der Gene zu treffen. „Insgesamt konnten wir so 320 verschiedene Gene untersuchen“, sagt Erstautor Martin Hrabě de Angelis, der die Idee des Mausklinik-Konzepts entworfen hat. Eine Reihe von krankheitsrelevanten Genen wurde in den Tiermodellen charakterisiert, die damit in Zukunft einen Beitrag zu neuen Forschungsansätzen leisten können.

Neue Ansatzpunkte für Stoffwechselkrankheiten
Das Team konnte 160 unbekannten Genen Funktionen zuordnen, u.a. in den Bereichen Stoffwechselprozesse und Neurologie, die nun Hinweise auf ihre Gesundheitsrelevanz geben. Damit wären sie hoffnungsvolle Kandidaten für neue Forschungsansätze beispielsweise bei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Adipositas. Eines dieser Gene ist etwa Elmod1, dessen Aufgabe bislang vollkommen unverstanden war. Die Studie konnte nun zeigen, dass es offenbar in die Fettaufnahme im Blut (Cholesterol) involviert ist und zudem das Körpergewicht reguliert.

Riesiger neuer Datensatz für die wissenschaftliche Gemeinschaft
„Unsere Untersuchungen haben darüber hinaus für viele Gene weitere, bislang noch unbekannte Funktionen herausgefunden“ berichtet Hrabě de Angelis. Er und sein Team wollen diesen Weg künftig noch fortführen: „Unsere Erkenntnisse zu den untersuchten Genen stehen der wissenschaftlichen Gemeinschaft nun als valider Datensatz kostenfrei über die Webseite des IMPC (International Mouse Phenotyping Consortium) zur Verfügung und bilden eine sehr gute Basis, auf der wir und andere Forschungsgruppen neue Hypothesen aufstellen und überprüfen können.“ Das IMPC führt diese Projekte weiter fort, um für möglichst alle Gene des Genoms deren Funktionen zu entdecken.

Weitere Informationen
Hintergrund:
* Der Begriff Phänotyp steht für die Merkmale eines Organismus. Das umfasst nicht nur morphologische, sondern auch auf physiologische Eigenschaften und Verhaltensmerkmale.

Original-Publikation:
Hrabě de Angelis, M. et al. (2015). Deciphering mammalian gene function through broad based phenotypic screens across a consortium of mouse clinics, Nature Genetics, DOI: 10.1038/ng.3360
Link zur Publikation

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V. ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner.

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.

Ziel der Forschung des Instituts für Experimentelle Genetik (IEG) ist, Ursachen und Entstehung menschlicher Erkrankungen zu verstehen. Durch seine leitende Funktion in interdisziplinären und internationalen Konsortien hat das IEG eine weltweit führende Position in der systemischen Untersuchung von Mausmodellen für Krankheiten des Menschen und der Aufklärung von beteiligten Genen. Schwerpunkt bilden dabei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Das IEG ist Gründer der Deutschen Mausklinik (GMC) und leitet das Europäische Maus Mutanten Archiv (EMMA). Zudem koordiniert das IEG die europäische Forschungsinfrastruktur Infrafrontier (ESFRI). Das IEG ist Teil des Helmholtz Diabetes Center (HDC). Dem IEG gehört die Abteilung Genomanalysezentrum (GAC) an, die die Entwicklung komplexer Krankheiten und den Umwelteinfluss bei ihrer Entstehung untersucht.

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Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum
für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
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