Vorstufe durch Proteine vorhersagbar - Patent aus KORA Studie

Neuherberg, 30.06.2016. Ein Forscherteam des Helmholtz Zentrums München, Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD), hat eine neue Methode entwickelt, um einen sich anbahnenden Diabetes mellitus Typ-2 vorherzusagen. Im Fachjournal ‚Diabetologia‘ konnten sie zeigen, dass das Vorhandensein bestimmter Proteine den entscheidenden Hinweis geben kann.
von Toerne & Huth


Typ-2-Diabetes entwickelt sich nicht von einem Tag auf den anderen. Oft durchlaufen die Patienten längere Vorstufen in denen sich der Stoffwechsel bereits zu verändern beginnt. Forscherinnen und Forscher um Dr. Stefanie Hauck und PD Dr. Barbara Thorand, Leiterinnen der Abteilung Proteinanalytik und der Arbeitsgruppe Diabetesepidemiologie am Helmholtz Zentrum München, konnten nun bestimmte Proteine identifizieren, die als Biomarker für diese Prozesse dienen und sie möglicherweise auch verursachen.

Für ihre Analysen untersuchten sie insgesamt 439 zufällig ausgewählte Blutplasmaproben von Frauen und Männern zwischen 47 bis 76 Jahren der ‚Kooperativen Gesundheitsforschung in der Region Augsburg‘, kurz KORA. Die Studie untersucht seit Jahren unter großer Beteiligung von Freiwilligen die Ursachen von Volkskrankheiten wie Typ-2-Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen. In diesem Fall konnten die Wissenschaftler auf die Daten von Augsburgern zurückgreifen, bei denen zwischen 2006 und 2008 in Zusammenarbeit mit einem weiteren DZD-Partner, dem Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf (DDZ), orale Glukosetoleranztests zur Erkennung von bislang unentdecktem Typ-2-Diabetes und seinen Vorstufen durchgeführt worden waren.

Neue Biomarker durch Massenspektrometrie
Die Proben unterzogen die Wissenschaftler einer speziellen Form der Massenspektrometrie (SRM-MS), und suchten nach insgesamt 23 Proteinen, die sie anhand von Literaturdaten und bisher unveröffentlichten eigenen Ergebnisse ausgewählt hatten. „Wir konnten Assoziationen zwischen vier Proteinen und dem sogenannten Prä-Diabetes identifizieren, die bisher noch nicht beschrieben waren“, erklären Dr. Christine von Toerne und Dr. Cornelia Huth, die beiden Erstautorinnen der Studie.*

Laut den Autoren handelt es sich zudem um die bisher größte beschriebene Proteomik- Studie zu Typ-2-Diabetes, die auf Massenspektrometrie basiert. Wie die Proteine allerdings genau zur Entstehung von Diabetes beitragen, das möchten die Autoren in künftigen Studien untersuchen.

Patent bereits angemeldet
Dass ihre Beobachtungen aber nicht nur theoretische Bedeutung haben, da sind sich die Wissenschaftler sicher. Aus diesem Grund meldeten sie bereits ein entsprechendes Patent an. „Langfristig ist geplant, unsere Ergebnisse in die Entwicklung eines Kits zur Frühdiagnostik von Diabetes münden zu lassen“, so die Studienleiterin Stefanie Hauck. Damit diese Entwicklung auf einer soliden Datengrundlage steht, untersuchen sie und ihr Team momentan die Proben von weiteren 600 Augsburgern, die im Rahmen der KORA Studie erhoben wurden.


Weitere Informationen
Hintergrund:
Die Studie wurde durch die interne Fördermaßnahme  „Translationale & Klinische Projekte“ des Helmholtz Zentrums München unterstützt.
* Konkret fanden die Forscherinnen und Forscher, dass die Proteine Mannan-binding lectin serine peptidase 1 (MASP1), thrombospondin 1 (THBS1), glycosylphosphatidylinositol specific phospholipase D1 (GPLD1) und apolipoprotein A-IV (APOA4) mit dem Auftreten von Prädiabetes (positiv oder negativ) korrelierten. Vor allem MASP1 zeigte hochsignifikante Effekte.

Original-Publikation:
Von Toerne, C. & Huth, C. et al. (2016). MASP1, THBS1, GPLD1, APOA4 – novel biomarkers associated with prediabetes: the KORA F4 study, Diabetologia, doi: 10.1007/s00125-016-4024-2

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.

Die selbstständige Abteilung Proteinanalytik (PROT) erforscht die Zusammensetzung von Proteinkomplexen und deren Integration in zelluläre Prozesse und Proteinnetzwerke. Ein Schwerpunkt ist die Analyse des Zusammenwirkens von genetischer Varianz und Umweltfaktoren bei neurodegenerativen und Stoffwechsel-Erkrankungen. Ziel ist es, biologische Systeme und krankheitsassoziierte Störungen auf systemischer Ebene zu erkennen und so Beiträge zum molekularen Verständnis von Erkrankungen zu erarbeiten.

Das Institut für Epidemiologie II (EPI II) erforscht die Zusammenhänge von Umwelt, Lebensstil und Genetik bei der Entstehung von Diabetes, Erkrankungen des Herzens und der Erhaltung der Gesundheit im Alter. Die Forschung stützt sich auf die einzigartigen bevölkerungsbasierten KORA-Ressourcen (Kohorte, Herzinfarktregister, Aerosol-Messstation). Folgestudien innerhalb der Kohorte ermöglichen die Untersuchung von Frühformen und Komplikationen ausgewählter chronischer Erkrankungen und deren Verbreitung in der Bevölkerung.

Die Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA) untersucht seit 30 Jahren die Gesundheit tausender Bürger aus dem Raum Augsburg. Ziel ist es, die Auswirkungen von Umweltfaktoren, Verhalten und Genen zu verstehen. Kernthemen der KORA-Studien sind Fragen zu Entstehung und Verlauf von chronischen Erkrankungen, insbesondere Herzinfarkt und Diabetes mellitus. Hierzu werden Risikofaktoren aus dem Bereich des Gesundheitsverhaltens (u.a. Rauchen, Ernährung, Bewegung), der Umweltfaktoren (u.a. Luftverschmutzung, Lärm) und der Genetik erforscht. Aus Sicht der Versorgungsforschung werden Fragen der Inanspruchnahme und Kosten der Gesundheitsversorgung untersucht.

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V. ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner.

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