Ursachen des Diabetes
Diabetes mellitus ist eine chronische Erkrankung des Zuckerstoffwechsels. Ursache für den erhöhten Blutzuckerspiegel bei Diabetes kann eine eingeschränkte Wirkung des blutzuckersenkenden Hormons Insulin (Insulinresistenz) sein und/oder ein Mangel an Insulin. Der Begriff Diabetes umfasst verschiedene Störungen des Zuckerstoffwechsels, die ähnliche Symptome und Folgen, aber unterschiedliche Ursachen haben. In der Medizin werden mehrere Diabetes-Typen unterschieden, wobei die häufigsten Formen der Typ-1- und der Typ-2-Diabetes sind. Studien des DZD deuten darauf hin, dass es jedoch verschiedene Subtypen des Prädiabetes (Vorstufe des Typ-2-Diabetes), Typ-1- und Typ-2-Diabetes gibt.
Ursachen des Typ-1-Diabetes
Der Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem – eigentlich für die Abwehr von Krankheitserregern zuständig – greift die körpereigenen insulinproduzierenden Zellen an, die Betazellen in den Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Sind die insulinproduzierenden Zellen zu einem großen Teil oder vollständig zerstört, gelangt die Glukose aus der Nahrung nicht mehr vom Blut in die Körperzellen, denn dafür ist Insulin nötig. Die Folge: Der Blutzuckerspiegel steigt.
Weshalb sich das Immunsystem bei einigen Menschen gegen den eigenen Körper wendet und bei anderen nicht, ist bisher nur teilweise verstanden. Am DZD wird intensiv an den Ursachen für die Entstehung des Typ-1-Diabetes geforscht. Mittlerweile ist bekannt: Eine wichtige Rolle spielt die Genetik. In Studien wurden zahlreiche Gene gefunden, die an der Entstehung des Typ-1-Diabetes beteiligt sind. Aber auch die familiäre Vorgeschichte spielt eine Rolle. Das höchste Risiko, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, haben Menschen mit Diabetes-Erkrankungen in der Familie, die zusätzlich ein oder mehrere Risikogene in sich tragen.
Doch nicht nur genetische Faktoren, auch Umweltfaktoren können die Entstehung einer Autoimmunerkrankung wie Typ-1-Diabetes beeinflussen. Erforscht werden derzeit die potenzielle Rolle der frühkindlichen Ernährung, des Darmmikrobioms sowie von Viruserkrankungen in den ersten Lebensjahren.
Ursachen und Entstehung von Typ-1-Diabetes (diabinfo.de)
Ursachen des Typ-2-Diabetes
Anders als beim Typ-1-Diabetes produzieren Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes anfangs noch ausreichend Insulin. Die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse arbeiten zunächst normal. Zum Anstieg des Blutzuckers kommt es beim Typ-2-Diabetes, da das Insulin an den Zellwänden nicht mehr richtig wirkt. Dies wird als Insulinresistenz bezeichnet. Dadurch gelangt nicht genug Glukose aus dem Blut ins Gewebe, was zu einer erhöhten Zuckerkonzentration im Blut führt, während in den Zellen ein Energiemangel entsteht. Um die Insulinresistenz auszugleichen und den Blutzuckerspiegel zu senken, produziert die Bauchspeicheldrüse vermehrt Insulin. Dies führt mit der Zeit zu einer Erschöpfung der insulinproduzierenden Betazellen, wodurch die Insulinproduktion abnimmt. Es entsteht ein Insulinmangel.
Genetische Faktoren spielen auch bei der Entstehung des Typ-2-Diabetes eine Rolle. Über die bereits bekannten Risikogene hinaus ist es DZD-Forschenden gelungen, mehr als 50 neue Gene zu identifizieren, die eine Wirkung auf den Stoffwechsel haben. Menschen, deren Mutter oder Vater an Typ-2-Diabetes erkrankt ist, haben im Vergleich zu Personen ohne familiäre Vorbelastung ein etwa 1,7-fach erhöhtes Risiko, im Laufe ihres Lebens selbst an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Sind beide Elternteile betroffen, ist das Risiko fast dreifach erhöht.
Aber nicht nur der genetische Code selbst, auch die „Epigenetik“ beeinflusst das Diabetes-Risiko. Der Lebensstil – ungesunde Ernährung, Rauchen, Übergewicht – kann zu sogenannten epigenetischen Veränderungen im Erbgut führen, die mitbestimmen, in welchem Ausmaß bestimmte Gene abgelesen werden. Da sich solche Veränderungen auch in Spermien und Eizellen ereignen, können sie auch an die Nachkommen weitergegeben werden. Forschende des DZD konnten zeigen, dass die Ernährung der Mutter, aber auch des Vaters – schon vor der Zeugung des Kindes – beeinflusst, ob die Nachkommen später an Übergewicht oder Typ-2-Diabetes erkranken.
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Jedoch müssen selbst bei einer genetischen Veranlagung und epigenetischen Veränderungen noch weitere Risikofaktoren hinzukommen, damit sich Typ-2-Diabetes manifestiert. Ein ungünstiger Lebensstil mit einer ungesunden Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel spielt dabei eine wichtige Rolle.
Studien von DZD-Forschenden deuten zudem darauf hin, dass Essen zu ungünstigen Zeiten, etwa nachts, wie etwa bei Schichtarbeit, den zirkadianen Rhythmus stören und das Risiko für Übergewicht und Typ-2-Diabetes erhöhen könnte.
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Insulinresistenz
Ungünstige Lebensstilfaktoren können bei entsprechender genetischer Veranlagung zur Insulinresistenz führen. Die Betazellen in der Bauchspeicheldrüse bilden zwar noch ausreichend Insulin. Es kann jedoch an den Wänden der Körperzellen nicht mehr seine volle Wirkung entfalten. Die Zellen werden unempfindlich gegenüber Insulin. Das führt dazu, dass die Glukose aus der Nahrung nicht in die Zellen gelangt, sondern im Blut verbleibt.
Abnahme der Insulinproduktion
Auch wenn die insulinproduzierenden Betazellen zu Beginn des Typ-2-Diabetes noch funktionieren, wird im Verlauf der Erkrankung auch die Insulinproduktion beeinträchtigt. Um die bestehende Insulinresistenz zu überwinden, produziert die Bauchspeicheldrüse bei Typ-2-Diabetes ein Übermaß an Insulin. Diese hohe Anstrengung führt zu einer zunehmenden Erschöpfung der Betazellen, bis sie nicht mehr genug Insulin herstellen können.
Ursachen und Entstehung von Typ-2-Diabetes (diabinfo.de)
Die Rolle von GLP-1
Eine wichtige Rolle spielen beim Typ-2-Diabetes auch körpereigene Darmhormone, wie das GLP-1 (glucagon-like peptide-1). Es bindet im Gehirn an spezifische Rezeptoren und sorgt dafür, dass der Körper angemessen auf die Aufnahme von Kohlenhydraten reagiert, etwa indem die Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse angeregt und dadurch der Blutzuckerspiegel reguliert wird.Die körpereigenen Darmhormone beeinflussen aber auch das Sättigungsgefühl und damit die Nahrungsaufnahme. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes wird GLP-1 jedoch nicht mehr in ausreichender Menge gebildet, sodass dieser Vorgang nicht mehr richtig funktioniert. Neue Erkenntnisse, auch aus dem DZD, führten zur Entwicklung von Medikamenten, die die Wirkung von GLP-1 und anderen Peptidhormonen nachahmen und so den Mangel ausgleichen können.
Die Rolle von Leber und Gehirn
Aktuelle Studien zeigen, dass auch das Gehirn und die Leber die Entstehung von Typ-2-Diabetes beeinflussen können. Hirnregionen, die für die Nahrungsaufnahme oder den Stoffwechsel zuständig sind, reagieren auf Insulin. Es wird vermutet, dass das Hormon im Gehirn das Hungergefühl bremst und dadurch möglicherweise der Entstehung von Übergewicht entgegenwirkt. Eine Insulinresistenz in bestimmten Hirnarealen wirkt sich dagegen negativ auf den Stoffwechsel aus.
Untersuchungen des DZD deuten darauf hin, dass Menschen mit einem insulinempfindlichen Gehirn nicht nur leichter abnehmen, wenn sie sich gesund ernähren und Sport treiben. Bei ihnen lagert sich auch weniger Fett im Bauchbereich ab, also dort, wo es das Risiko für Typ-2-Diabetes besonders stark erhöht.
Aber nicht nur Bauchfett, auch zu viel Fett in der Leber hat einen negativen Einfluss auf den Stoffwechsel und kann zur Entstehung von Typ-2-Diabetes beitragen. Eine Fettleber begünstigt die für Typ-2-Diabetes charakteristische Insulinresistenz.
Bei der Entstehung von Diabetes spielen somit verschiedene Organe eine Rolle – die Bauchspeicheldrüse, das Gehirn, die Leber und der Darm leisten ihren Beitrag aber nicht unabhängig voneinander – sie interagieren untereinander. Man spricht vom sogenannten “organ crosstalk”.
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