Dresden, 14.01.2025

Neue Marker zur Prognose der Entwicklung von Prädiabetes: Fortschreiten zu Diabetes oder Rückkehr zur Normoglykämie

Menschen mit Prädiabetes entwickeln häufig einen Diabetes, allerdings gelingt es auch vielen von ihnen, in die Normoglykämie zurückzukehren. Wodurch werden diese unterschiedlichen Verläufe bestimmt? Und können wir Biomarker identifizieren, die die verschiedenen Entwicklungen des Prädiabetes vorhersagen? Um diese Fragen zu beantworten, haben Forscher des Paul-Langerhans-Instituts Dresden des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) zusammen mit weiteren Experten die multizentrische DZD-Studie PLIS (Prädiabetes Lifestyle Intervention Study) herangezogen. Die Forschenden verglichen dabei die Proteom- und Metabolom-Signaturen von Prädiabetes-Patienten, die entgegengesetzte Krankheitsverläufe aufwiesen, d. h. sie fokussierten sich auf Patient*innen, die entweder einen Diabetes entwickelten oder deren Blutzuckerspiegel sich im Laufe der Zeit wieder normalisierte. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden jetzt in der Fachzeitschrift Diabetes Care veröffentlicht.

Das Fortschreiten eines Prädiabetes zu einem Typ-2-Diabetes wird mit einer Dysfunktion der Betazellen der Bauchspeicheldrüse in Verbindung gebracht, während die Remission zu einer Normoglykämie mit einer Verbesserung der Insulinsensitivität zusammenhängen soll. Um die Mechanismen zu verstehen und potenzielle Biomarker für den möglichen weiteren Verlauf des Prädiabetes zu identifizieren, führten die Forschenden eine explorative Fall-Kontroll-Studie mit Teilnehmern der PLIS-Studie durch, und verglichen dabei das proteomische und metabolomische Profil von Personen mit Prädiabetes, die innerhalb eines Jahres einen Diabetes entwickelten, mit dem von Personen, die zur Normoglykämie zurückkehrten.

Das Team unter der Leitung von Prof. Nikolaos Perakakis analysierte 1389 Proteine und 152 Metaboliten aus Plasmaproben von Personen im Stadium des Prädiabetes sowie ein Jahr später, als einige der Proband*innen wieder in die Normoglykämie zurückgekehrt waren, während andere einen Diabetes entwickelten. Signifikante Unterschiede wurden bei 14 Proteinen bei neu aufgetretenem Diabetes im Vergleich zur Normoglykämie festgestellt, wobei sechs von diesen Proteinen zum ersten Mal in diesem Zusammenhang beobachtet wurden. Erhöhte Konzentrationen von zwei der Proteine, der Dicarbonyl/L-Xylulose-Reduktase (DCXR) und der Glutathion-S-Transferase A3 (GSTA3), waren im Prädiabetes-Stadium mit einem deutlich erhöhten Risiko für die Entwicklung von Diabetes ein Jahr später verbunden.
 


© Barovic et al. 2025 | Diabetes Care


Ein anderer Aspekt der Studie beleuchtete die Rolle von Entzündungs- und Immunsystemwegen bei der Glukosehomöostase. Hier konnten die Wissenschaftler*innen zeigen, dass Signalwege im Zusammenhang mit Leukozyten-Chemotaxis, Chemokinen, Zytokin-Interaktionen und Immunreaktionen auf Infektionen mit dem Fortschreiten von Prädiabetes zu Diabetes in Verbindung gebracht werden können.

Metabolomische Signaturen bei neu auftretendem Diabetes waren durch erhöhte Konzentrationen von Lipoproteinen mittlerer Dichte, verzweigtkettigen Aminosäuren, Apolipoprotein A2 und Glutamat gekennzeichnet. Metabolomische und proteomische Signaturen, die zwischen Prädiabetesverläufen unterscheiden, korrelierten stärker mit Markern der Insulinsensitivität und in geringerem Maße mit Markern der Betazellfunktion.

„Wir konnten erfolgreich neue Kandidaten identifizieren, die mit dem Fortschreiten von Prädiabetes zu Diabetes bzw. dessen Remission assoziiert sind. Gleichzeitig konnten wir zeigen, dass Signalwege, die Immunreaktionen regulieren, stark mit Prädiabetesverläufen verbunden sind“, fasst Prof. Perakakis zusammen. „Die neuen Kandidatenproteine könnten in Zukunft als Biomarker für Prädiabetesverläufe oder als Ziele für die Bewertung ihrer Rolle bei der Glukosehomöostase in mechanistischen Studien dienen.“


Originalpublikation:
Barovic M, Hahn JJ, Heinrich A, Adhikari T, Schwarz P, Mirtschink P, Funk A, Kabisch S, Pfeiffer AFH, Blüher M, Seissler J, Stefan N, Wagner R, Fritsche A, Jumpertz von Schwartzenberg R, Chlamydas S, Harb H, Mantzoros CS, Chavakis T, Schürmann A, Birkenfeld AL, Roden M, Solimena M, Bornstein SR, Perakakis N. Proteomic and Metabolomic Signatures in Prediabetes Progressing to Diabetes or Reversing to Normoglycemia Within 1 Year. Diabetes Care. 2025 Jan 2:dc241412. doi: 10.2337/dc24-1412.


Über die PLIS-Studie:
Herkömmliche Lebensstilinterventionen reichen nicht aus, um Typ-2-Diabetes bei allen Menschen mit Prädiabetes zu verhindern. Nur eine individuell zugeschnittene Prävention kann hier wirksam sein. In der abgeschlossenen multizentrischen Prädiabetes Lifestyle Intervention Study (PLIS) hat sich das DZD zum Ziel gesetzt, solche personalisierten Präventionsmaßnahmen zu entwickeln. Nach einer umfangreichen Phänotypisierung durchliefen die PLIS-Studienteilnehmer*innen verschiedene Lebensstilprogramme mit Ernährungsberatung und angeleiteter körperlicher Aktivität. 1.145 Patient*innen wurden für die PLIS-Studie rekrutiert. Um diese wertvolle Kohorte wissenschaftlich zu begleiten, wurde das Follow-up der Studienteilnehmer auf eine Langzeitbeobachtung über einen Zeitraum von 12 Jahren nach der Intervention ausgedehnt. Clusteranalysen der PLIS-Studie ergaben erste Subtypen von Prädiabetes, die ein besonders hohes Risiko für Folgeerkrankungen aufweisen.

 

Die Technische Universität Dresden (TU Dresden) ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten, die für ihre außergewöhnlichen Standards in Forschung und Lehre in den verschiedensten Bereichen geschätzt wird. Die Medizinische Fakultät der TU Dresden hat sich zum Ziel gesetzt, die medizinische Wissenschaft und das Gesundheitswesen durch interdisziplinäre Zusammenarbeit und bahnbrechende Forschung voranzutreiben.https://www.uniklinikum-dresden.de/de

Das Paul-Langerhans-Institut des Helmholtz München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus und der Medizinischen Fakultät der TU Dresden (PLID) trägt entscheidend dazu bei, die Mechanismen der Krankheit besser zu verstehen und neue Therapiemöglichkeiten zu erforschen. Das Institut ist Gründungspartner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD e.V.) und ist seit Januar 2015 ein Satelliteninstitut von Helmholtz Munich. Sein Programm umfasst die Erforschung der Pathophysiologie des Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2. Im Mittelpunkt stehen dabei die Mechanismen, die zur Zerstörung und/oder eingeschränkten Funktion der Betazellen der Bauchspeicheldrüse und zu einer unzureichenden Insulinsekretion führen. Darüber hinaus spielt das PLID als einziges deutsches Transplantationszentrum für humane Inselzellen der Bauchspeicheldrüse eine herausragende Rolle. https://tu-dresden.de/med/mf/plid

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V. ist eines der acht Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind Helmholtz Munich – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen von Helmholtz Munich an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden von Helmholtz Munich am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner. www.dzd-ev.de  

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