Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist ein gelbliches, etwa 80 bis 120 Gramm schweres, 15 Zentimeter langes, 5 Zentimeter breites und 2-3 Zentimeter dickes Drüsenorgan, das hinter dem Magen liegt. Es besteht zu etwa 95 % aus exokrinem Gewebe, das Verdauungsenzyme produziert, und zu 5 % aus endokrinem Gewebe, das die Hormone Insulin und Glukagon freisetzt, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Neben diesen funktionellen Zellen spielen zwei weitere Zelltypen eine wichtige Rolle: Zum einen prägen Sternzellen die Struktur bzw. die Form des Organs durch die Bildung der extrazellulären Matrix. Zum anderen bilden Endothelzellen die Blutgefäße und sind somit für die Blutversorgung des Pankreas unerlässlich.
Mit zunehmendem Alter kann es durch Fetteinlagerungen (Steatose) oder die krankhafte Vermehrung des Bindegewebes (Fibrose) zu funktionsbeeinträchtigenden Zellveränderungen im Pankreas kommen. Insbesondere die durch die Sternzellen vermittelte Bildung von Fett- und Bindegewebe im Zusammenhang mit dem Altern wurde bislang nur unzureichend untersucht. Zudem war bisher wenig über die Rolle der Blutgefäße, die eine Art Knotenpunkt zwischen Pankreas und dem restlichen Körper darstellen, bekannt.
Altersforschung auf Zellebene
Um die altersbedingten Veränderungen in den Sternzellen und Blutgefäßen der Bauchspeicheldrüse zu analysieren, untersuchten DIfE-Forschende in Zusammenarbeit mit Forschenden des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) und des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) junge und ältere Mäuse. Sie isolierten einzelne Pankreaszellen und analysierten ihre Genexpression. Diese Einzelzell-Transkriptomanalysen ermöglichte es ihnen, verschiedene Zelltypen zu identifizieren und ihre spezifischen Funktionen zu untersuchen. Für die exakte Lokalisation von Sternzellen im Pankreas und deren veränderte Verteilung im Alter nutzten die Forschenden Immunfluoreszenz-Untersuchungen.
Neue Einblicke in die Mechanismen der Pankreasfibrose
Das Forscherteam um Dr. Marina Leer und Dr. George A. Soultoukis aus der Abteilung Fettzell-Entwicklung und Ernährung identifizierte verschiedene Untergruppen von Sternzellen, die unterschiedlich stark Fett- oder Bindegewebe bilden. Mit zunehmendem Alter verschob sich die Verteilung der identifizierten Sternzell-Untergruppen hin zu einer stärkeren Fibrose-Neigung. Diese ging mit einer Aktivierung bestimmter fibrosefördernder Signalwege (Transforming growth factor beta, TGFbeta und Platelet-derived growth factor, PDGF) einher, welche die Zusammensetzung der Gewebematrix der Bauchspeicheldrüse veränderte.
Ein weiterer wichtiger Befund war, dass die Sternzellen der alternden Mäuse verstärkt mit den Blutgefäßen interagierten. Diese Zellkommunikation führte dazu, dass die gealterten Sternzellen mehr entzündungsfördernde Substanzen freisetzten, welche die Blutgefäße schädigten und die Fibrose verstärkten.
Implikationen für die Prävention und Behandlung altersbedingter Pankreaserkrankungen
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass pankreatische Sternzellen im Alter ihre Identität verändern und sich in fibrotische Zellen umwandeln. Diese fibrotischen Zellen tragen zur Bildung von Narbengewebe bei, das die Produktion von Hormonen und Verdauungsenzymen beeinträchtigen kann“, erklärt Soultoukis.
Seine Kollegin Leer ergänzt: „Die Fibrose und die Entzündung können das Mikromilieu im Pankreas verändern und die Entstehung von Krebszellen fördern.“ Die Studienergebnisse liefern neue Ansatzpunkte für die Entwicklung von Strategien zur Vorbeugung und Behandlung altersbedingter Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, wie z. B. Typ-2-Diabetes. So könnte das Verständnis der zellulären Mechanismen, die der Fibrose zugrunde liegen, helfen, neue Medikamente zu entwickeln, die Gewebeschäden verlangsamen oder rückgängig machen.
Die Forschenden planen nun, die zeitlichen Faktoren zu untersuchen, welche die altersbedingte Umstellung der Sternzellen beeinflussen. In zukünftigen Studien wollen sie zudem Lebensstilfaktoren wie Ernährung und körperliche Aktivität näher beleuchten, die diesen Prozess modulieren können.
Original-Publikation:
Soultoukis, G. A., Leer, M., Kehm, R., Villacorta, L., Benes, V., Grune, T., Höhn, A., Schulz, T. J.: Pancreatic stellate cells have adipogenic and fibrogenic potentials but only show increased pro-fibrogenic propensity upon aging. Redox Biol. 86: 103791 (2025). [Open Access]
Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. George A. Soultoukis
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Abteilung Fettzell-Entwicklung und Ernährung, DIfE
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Dr. Marina Leer
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Abteilung Fettzell-Entwicklung und Ernährung, DIfE
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Prof. Dr. Tim J. Schulz
Leiter der Abteilung Fettzell-Entwicklung und Ernährung, DIfE
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Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die Mechanismen der Nahrungsauswahl und Präzisionsernährung. www.dife.de
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