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Anti-Aging-Mittel verlangsamen das Altern nicht

Gängige Behandlungsansätze gegen das Altern – wie u.a. das Intervallfasten – verzögern Alterungsprozesse nicht. Das zeigt eine Studie von Forschenden des DZNE und DZD, die in 'Nature Communications' erschienen ist. Für ihre Untersuchung entwickelten sie ein neues Verfahren, mit dem sich die Alterung von Organismen messen lässt.

Um den Alterungsverlauf für ein breites Spektrum altersabhängiger Phänotypen abzuschätzen, wurden Phänotypen über die gesamte Lebensspanne von C57BL/6J-Mäusen untersucht. © Nature Communications

Forscher:innen vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und von Helmholtz Munich/Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD) haben Behandlungsansätze, mit denen sich nach bislang gängiger Meinung der Alterungsprozess verlangsamen lässt, eingehend untersucht. Im Tierversuch erwiesen sich diese Behandlungen jedoch als weitgehend wirkungslos, was den vermeintlichen Einfluss auf das Altern angeht.

Für ihre Interventionen wählten die Forscher:innen drei Regulatoren, bei denen viele Expertinnen und Experten davon ausgehen, dass sie das Altern verlangsamen. Zu den untersuchten Ansätzen gehörten das Intervallfasten, die Freisetzung des Wachstumshormons sowie das Einwirken auf einen zentralen Knotenpunkt des Zellstoffwechsels (mTOR), der auch Ziel des vermeintlichen „Anti-Aging-Medikaments“ Rapamycin ist.

Neue Methode zur Messung des Alterns
In der Forschung wird bis heute angenommen, dass Mäuse langsamer altern, wenn sie länger leben. Das Problem ist aber, dass Mäuse ebenso wie viele andere Organismen nicht an genereller Altersschwäche sterben, sondern an sehr speziellen Krankheiten. Bis zu 90 Prozent der Mäuse sterben an Tumoren, die sich in hohem Alter in ihrem Körper bilden. Für ihre Studie wählten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deshalb einen Ansatz, bei dem nicht die Lebensspanne im Mittelpunkt steht, sondern eine umfassende Untersuchung der altersabhängigen Veränderung verschiedenster Körperfunktionen.

Über verschiedene Lebensabschnitte hinweg untersuchten und verglichen sie Mäuse, die mit den drei Anti-Aging-Ansätzen behandelt wurden: Wie stark ändern sich in welcher Lebensphase üblicherweise die Parameter? Und: Ändern sie sich langsamer, wenn die Mäuse mit einer der drei Behandlungen versorgt werden? Mit diesem Studiendesign lässt sich zielgenau feststellen, ob sich der natürliche Alterungsprozess aufhalten lässt und mit ihm die Verschlechterung der körperlichen Funktionen.

Das Ergebnis war eindeutig: Zwar konnten die Forscher:innen einzelne Fälle feststellen, in denen alte Mäuse jünger aussehen, als sie in Wirklichkeit sind – aber dieser Effekt kam nicht durch eine Verlangsamung des Alterns zustande, sondern durch altersunabhängige Faktoren. „Die Tatsache, dass eine Behandlung bereits in jungen Mäusen – vor dem Auftreten von Alterserscheinungen – ihre Wirkung entfaltet, belegt, dass es sich um kompensatorische, allgemein gesundheitsfördernde Effekte handelt und nicht um ein Ansetzen an Alterungsmechanismen“, sagt Dan Ehninger, DZNE.

Die Teams vom DZNE und Helmholtz Diabetes Center haben sich jetzt das nächste Ziel vorgenommen: Sie wollen weitere Behandlungsansätze untersuchen, mit denen sich nach Meinung von Experten die Alterung verlangsamen lässt. Durch die neue Untersuchungsmethode ergibt sich ein umfassenderes Bild auf mögliche Behandlungsansätze und ihre Wirksamkeit.

 

Original-Publikation:
Kan Xie,…., Martin Hrabě de Angelis & Dan Ehninger et al.: Deep phenotyping and lifetime trajectories reveal limited effects of longevity regulators on the aging process in C57BL/6J mice. Nature Communications volume 13, Article number: 6830 (2022). DOI: doi.org/10.1038/s41467-022-34515-y