Auswirkungen von Fettleibigkeit und Stoffwechselstörungen auf den Schweregrad von COVID-19- und Impfstoff-Durchbruchsinfektionen

Metabolic disorders, COVID-19 and vaccine-breakthrough infections. Nature Reviews Endocrinology 2021

© Norbert Stefan/IDM

Fettleibigkeit und Stoffwechselstörungen sind wichtige Risikofaktoren für schwere COVID-19-Erkrankungen. Neue Daten deuten darauf hin, dass diese Risikofaktoren auch Impfdurchbrüche von SARS-CoV-2-Infektionen bei vollständig geimpften Personen begünstigen könnten. In einem Review-Artikel für ‘Nature Reviews Endocrinology’ fasst DZD-Forscher Norbert Stefan die wichtigsten Erkenntnisse über die Zusammenhänge von Adipositas, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit dem Schweregrad von COVID-19 und SARS-CoV-2-Impfdurchbrüchen zusammen.  

Fettleibigkeit ist ein wichtiger Faktor für schwere COVID-19-Infektionen. Kürzlich veröffentlichte genetische Analysen der großen COVID-19 Host Genetics Initiative belegen, dass ein erhöhter Body-Mass-Index (BMI) ursächlich an der Entstehung der Krankheit beteiligt ist. Neue Daten aus einer sehr großen Kohortenstudie aus dem Vereinigten Königreich, in der Daten von 6 910 695 Patienten mit einem positiven SARS-CoV-2-Testergebnis ausgewertet wurden, ergaben, dass ein hoher BMI unabhängig von mehreren anderen COVID-19-Risikofaktoren, einschließlich Typ-2-Diabetes mellitus (T2DM), mit ungünstigen COVID-19-Ergebnissen verbunden war. Bei einem BMI >23 kg/m2 wurde ein linear erhöhtes Risiko einer Krankenhauseinweisung oder eines Todes aufgrund von COVID-19 beobachtet. Das Risiko für schwere COVID-19-Folgen in Verbindung mit einem erhöhten BMI ist in den jüngsten Altersgruppen (20-39 Jahre) am höchsten und nimmt mit zunehmendem Alter immer weiter ab.  

Auch eine beschleunigte Immunoseneszenz (langsame Verschlechterung des Immunsystems bei älteren Menschen) könnte ein wichtiger Mechanismus sein, der die Beziehung zwischen Adipositas und T2DM mit schwerer COVID-19 erklärt. Neue Daten zeigen, dass hohe Glukosespiegel und Insulinresistenz, die bei Adipositas und T2DM häufig vorkommen, die adäquate Funktion von CD4+ und CD8+ T-Zellen beeinträchtigen. Das führt zu einer verminderten schützenden antiviralen Immunität. Darüber hinaus deuten neue Daten darauf hin, dass eine Insulinresistenz zu einer erhöhten Infektionsrate von Fettzellen und damit zu einer Progression von COVID-19 bei Menschen mit einer SARS-CoV-2-Infektion führen kann. 

Während die Impfung gegen COVID-19 bei der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie hochwirksam ist, könnten Adipositas und/oder T2DM auch an der Immunoseneszenz im Zusammenhang mit der Wirksamkeit von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 beteiligt sein. Bislang liegen nur wenige Studien über diesen Zusammenhang vor. In diesen Studien wurden bei geimpften Patienten mit schweren oder kritischen Erkrankungen unter den vorbestehenden Komorbiditäten häufig Übergewicht/Adipositas und T2DM festgestellt.  

Da COVID-19 zu einer endemischen (regelmäßig auftretenden und sehr häufigen) Krankheit werden könnte, muss die Rolle von Fettleibigkeit und Stoffwechselstörungen bei der Förderung von SARS-Cov-2-Infektionen und der Schwere der Erkrankung sehr ernst genommen werden. Da Adipositas und Stoffwechselstörungen jedoch modifizierbare Risikofaktoren sind, besteht die Hoffnung, dass eine angemessene Prävention und Behandlung dieser Krankheiten ein wirksames Mittel zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie sein könnte. 

Original-Publikation:
Stefan N.: Metabolic disorders, COVID-19 and vaccine-breakthrough infections. Nat Rev Endocrinol. 2021, https://doi.org/10.1038/s41574-021-00608-9