Insulinsensitivität des Gehirns verändert sich im Verlauf des Menstruationszyklus

Brain insulin action on peripheral insulin sensitivity in women depends on menstrual cycle phase. Nature Metabolism 2023

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Die Insulinaktivität im Gehirn beeinflusst das Essverhalten, den Stoffwechsel sowie die Fettverteilung im Körper – und verstärkt insbesondere die Insulinsensitivität im Rest des Körpers. Doch all diese Erkenntnisse wurden vorwiegend bei Männern gewonnen. Im Fachblatt Nature Metabolism berichten Forschende, dass die Insulinaktivität im Gehirn zwar auch bei Frauen die Insulinsensitivität im Rest des Körpers verbessert, aber nur in der Follikelphase des Zyklus.

Über die letzten 10 Jahre wurde gezeigt, dass das Gehirn ein insulinsensitives Organ ist, aber auch, dass eine ganze Reihe von Menschen nicht auf Insulin im Gehirn ansprechen. Man spricht bei ihnen von einer Insulinresistenz des Gehirns. Sie findet sich besonders häufig bei Personen mit Adipositas, aber auch genetische Faktoren, erhöhte Blutfette und eine Beeinträchtigung des Insulintransports über die Blut-Hirn-Schranke spielen eine Rolle. Präklinische Studien deuten zudem auf Unterschiede zwischen Männern und Frauen hin.

Forschende der Universität Ulm sowie der DZD-Partner am Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen von Helmholtz München an der Universität Tübingen und Deutsches Diabetes-Zentrum in Düsseldorf untersuchten die Aktivität von Insulin im Gehirn bei 11 Frauen zu verschiedenen Zeitpunkten im Menstruationszyklus. Die Probandinnen waren schlanke, gesunde Frauen, die einen regelmäßigen, natürlichen Zyklus hatten.

Per Nasenspray gelangt Insulin vorwiegend ins Gehirn
Die Insulinaktivität im Gehirn wurde mittels hyperinsulinämisch-euglykämischer Clampuntersuchung gemessen, nachdem die Frauen ein Nasenspray mit Insulin oder einem Placebo erhalten hatten. Über die Nase verabreicht, erreicht ein wesentlicher Teil des Insulins das Gehirn, während nur ein winziger Teil in die Blutbahn gelangt. Deshalb erlaubt es die nasale Applikation, die Insulinaktivität im Gehirn zu stimulieren, ohne dass es zu Nebenwirkungen im Rest des Körpers kommt.

In der Follikelphase des Menstruationszyklus führte die Stimulation der Insulinwirkung im Gehirn zu einer Verbesserung der Ganzkörper-Insulinsensitivität. In der Lutealphase dagegen hatte das nasal applizierte Insulin bzw. die Insulinaktivität im Gehirn keinen solchen Effekt.

Insulinsensitivität in Follikel- und Lutealphase unterschiedlich
Auf diese Weise fanden die DZD-Forschenden heraus, dass während der Follikelphase des Menstruationszyklus im Gehirn eine erhöhte Insulinsensitivität besteht, die während der Lutealphase nicht zu beobachten ist.

In einer Untersuchung mit 15 weiteren Frauen, bei denen funktionelle MRT-Scans des Gehirns durchgeführt wurden, bestätigten sich diese Erkenntnisse. Mit einem funktionellen MRT lässt sich die Insulinsensitivität im Hypothalamus messen. Die Veränderung der Durchblutung in dieser Hirnregion wird als Maß der zentralen Insulinsensitivität nach der nasalen Verabreichung von Insulin verwendet. Die Responsivität des Hypothalamus wurde in der Follikelphase durch Insulin beeinflusst, in der Lutealphase aber nicht.

Die Forschenden schlussfolgern, dass die Insulinaktivität im Gehirn die periphere Insulinsensitivität auch bei Frauen verbessert, aber nur in der Follikelphase. Sie vermuten, dass die Insulinresistenz des Gehirns in der Lutealphase des Menstruationszyklus in dieser Zeit zu einer Insulinresistenz des gesamten Körpers beitragen könnte.

 

Original-Publikation:
Julia Hummel, Charlotte Benkendorff, Louise Fritsche, Katsiaryna Prystupa, Andreas Vosseler, Sofiya Gancheva, Sandra Trenkamp, Andreas L. Birkenfeld, Hubert Preissl, Michael Roden, Hans-Ulrich Häring, Andreas Fritsche, Andreas Peter, Robert Wagner, Stephanie Kullmann, Martin Heni. Brain insulin action on peripheral insulin sensitivity in women depends on menstrual cycle phase. Nat Metab 2023;5:1475–1482; doi:10.1038/s42255-023-00869-w