Typ-1-Diabetes-Inzidenz bei Kindern in der COVID-19-Pandemie gestiegen

Incidence of Type 1 Diabetes in Children and Adolescents During the COVID-19 Pandemic in Germany: Results From the DPV Registry. Diabetes Care 2022

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Während der COVID-19-Pandemie sind mehr Kinder und Jugendliche neu an Typ-1-Diabetes erkrankt als in den Vorjahren. Das zeigt eine aktuelle Studie des DZD, der Universität Gießen und der Universität Ulm mit Co-Autoren aus weiteren Zentren in Deutschland, die auf den Daten der multizentrischen Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation (DPV*) basiert.  

Ziel dieser Studie war es, das Auftreten von Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen während der COVID-19-Pandemie in Deutschland im Vergleich zu den Vorjahren zu untersuchen. Dazu erfassten die Forschenden für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2021 die in Deutschland neuerkrankten Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen sechs Monaten und unter 18 Jahren. In diesem Zeitraum wurden im DPV 5.162 Kinder und Jugendliche mit neu auftretendem T1D registriert. Das entspricht einer Inzidenz von 24,4 pro 100.000 Patientenjahre. Mithilfe von Poisson-Regressionsmodellen ermittelten die Forschenden aus den Daten der Jahre 2011 bis 2019 die erwarteten Inzidenzen für 2020/21 mit nur 21,2. Damit war die beobachtete Inzidenz während der Corona-Pandemie signifikant höher als die erwartete Inzidenz (24,4 [95% CI 23,6-25,2] vs. 21,2 [20,5-21,9]; Inzidenzratenverhältnisse (IRR) 1,15 [1,10-1,20]; P < 0,001). 

Die Neuerkrankungen nahmen besonders zu in den Monaten Juni 2020 (IRR 1,43 [1,07-1,90]; P 5 0,003), Juli 2020 (IRR 1,48 [1,12-1,96]; P < 0,001), März 2021 (IRR 1,29 [1,01-1,65]; P 5 0,028) und Juni 2021 (IRR 1,39 [1,04-1,85]; P 5 0,010). „Die Inzidenzen des Typ-1-Diabetes stiegen mit einer Verzögerung von etwa drei Monaten nach den COVID-19-Inzidenz-Wellen sowie nach den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie“, berichtet Letzt-Autor und DZD-Wissenschaftler Prof. Reinhard W. Holl von der Universität Ulm. Die zugrundeliegenden Ursachen für den Anstieg der T1D-Inzidenz sind allerdings noch unbekannt, betonen die Forschenden. Sie halten den Anstieg eher für eine indirekte Folge der Pandemie als direkt durch eine COVID-Infektion ausgelöst.

* Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation (DPV): 
Aktuell beteiligen sich mehr als 400 Behandlungseinrichtungen an der Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation – vorwiegend aus Deutschland und Österreich, aber auch aus Luxemburg und der Schweiz. In der DPV sind Daten von mehr als 680.000 Patientinnen und Patienten erfasst. Ziel der DPV-Initiative ist es, die Behandlungsergebnisse für Menschen mit Diabetes in der Routinebetreuung durch standardisierte Dokumentation, objektiven Vergleich von Qualitätsindikatoren und durch multizentrische Therapieforschung zu verbessern. 

Original-Publikation: 
Kamrath, C. …. Holl, R. et al.: Incidence of Type 1 Diabetes in Children and Adolescents During the COVID-19 Pandemic in Germany: Results From the DPV Registry. Diabetes Care (2022) DOI: doi.org/10.2337/dc21-0969&nbsp;