Potsdam-Rehbrücke, 18.08.2020
Risiko für Diabetes-Folgeerkrankungen steigt bei erhöhten Werten für NT-proBNP
Gesunde Menschen – insbesondere Frauen – mit erhöhten Werten für den Herzschwäche-Marker NT-proBNP haben ein geringeres Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Entwickeln diese Personen dennoch einen Diabetes, leiden sie häufiger an makro- und mikrovaskulären Komplikationen wie u.a. Herzinfarkt, Schlaganfall oder schweren Schäden an Augen, Nieren oder Nerven. Das hat eine aktuelle Studie von DZD-Forschenden ergeben, die jetzt in ‚Diabetes Care‘ veröffentlicht wurde.
Das Molekül NT-proBNP ist ein Biomarker, um eine Herzinsuffizienz vorherzusagen bzw. zu diagnostizieren. Auf den Insulin- und Glukosestoffwechsel wirkt es hingegen positiv. NT-proBNP stimuliert den Fettabbau in Fettzellen. Im Tiermodell zeigten zudem erhöhte Werte dieses Peptids eine schützende Wirkung vor Übergewicht und Glukoseintoleranz. Weiterhin deuten Untersuchungen darauf hin, dass Menschen mit erhöhten Ausgangswerten von NT-proBNP ein geringeres Risiko für Typ-2-Diabetes haben. Doch wie wirken sich erhöhte NT-proBNP-Spiegel bei Personen aus, die einen Diabetes entwickeln? Leiden sie häufiger an Folgeerkrankungen? Diese Fragen untersuchten Forschende des DZD-Partners Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) gemeinsam mit Kollegen vom Universitätsklinikum Tübingen, dem University College Dublin und dem Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin.
Zunächst analysierten die Forschenden Proben einer Fall-Kohorte (die sog. case-cohort), die aus allen inzidenten Fällen von Diabetes und einer zufälligen Stichprobe aus EPIC-Potsdam* bestand, darauf, ob die Höhe des NT-proBNP-Werts bei gesunden Menschen einen Einfluss auf das Diabetes-Risiko hat. „Dabei stellten wir eine umgekehrte Assoziation zwischen NT-proBNP-Konzentration und dem zukünftigen Risiko vom Typ-2 Diabetes fest. Bei jeder Verdoppelung der NT-proBNP-Werte nahm das Risiko für Diabetes um etwa 9 Prozent ab“, sagt Erstautorin Anna Birukov vom DIfE. Noch deutlicher zeigt sich der Einfluss der NT-proBNP-Konzentration bei Frauen. Dort sank das Diabetes-Risiko bei einer Verdoppelung um 20 Prozent.
In Proben von 545 Menschen, die später an Diabetes erkrankten, untersuchten die Forschenden dann, ob es Zusammenhänge zwischen erhöhten NT-proBNP-Basiskonzentration im noch gesunden Zustand und dem Risiko vaskulärer Komplikationen gibt. In dieser Gruppe entwickelten später 133 Menschen mikro- und 50 Menschen makrovaskuläre Komplikationen**. „Dabei zeigte sich, dass die NT-proBNP-Werte linear mit diesen Diabetes-Komplikationen assoziiert sind“, fasst Studienleiter Prof. Dr. Matthias Schulze die Ergebnisse zusammen. Mit jeder Verdoppelung der NT-proBNP-Basiskonzentration stieg das Risiko für schwere Schäden an Augen, Nieren oder Nerven um 20 Prozent und das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall um 37 Prozent.
„Perspektivisch könnte die Messung von NT-proBNP im Plasma für die Risikoüberwachung diabetes-assoziierter Komplikationen informativ sein“, führt Schulze weiter aus. Inwieweit sich das Peptid als Marker für die Entwicklung von Diabetes-Folgeerkrankungen eignet, sollte jedoch noch in weiteren prospektiven Studien untersucht werden. Auch die geschlechtsspezifischen Assoziationen zwischen NT-proBNP und Diabetesrisiko sollten in weiteren prospektiven Studien validiert werden.
* EPIC-Potsdam: Die European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Potsdam-Studie ist eine prospektive Kohortenstudie. Zwischen 1994 und 1998 wurden 27.548 Frauen und Männer zwischen 35 und 65 Jahren rekrutiert. Die EPIC-Potsdam-Studie ist Teil einer der größten Langzeitstudien weltweit mit insgesamt ca. 521.000 Studienteilnehmenden aus zehn europäischen Ländern. Ziel ist, den Einfluss der Ernährung auf die Entstehung von Krebs und anderen chronischen Erkrankungen zu erforschen.
** Mikrovaskuläre Komplikationen wurden in dieser Untersuchung als neu auftretende Retinopathien, Erblindungen infolge von Retinopathien, Neuropathien, Nephropathien oder Nierenersatztherapien definiert. Als Makrovaskuläre Komplikationen galten ein diagnostizierter Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Original-Publikation:
Birukov, A. et al: Opposing associations of NT-proBNP with risks of diabetes and diabetes-related complications. Diabetes Care 2020 Aug, DOI: https://doi.org/10.2337/dc20-0553
Fachliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Matthias Schulze
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Arthur-Scheunert-Allee 114-116
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Anna Birukov
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Arthur-Scheunert-Allee 114-116
14558 Nuthetal
Telefon: +49 (0)33200 88 2431
E-Mail: Anna.Birukov(at)dife.de
Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). www.dife.de
Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V. ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner.
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