Neuherberg / Potsdam-Rehbrücke, 20.09.2023

Einfluss von Bewegung und Muskelregulation auf Diabetes und Adipositas

Was passiert eigentlich auf molekularer Ebene in unseren Muskeln, wenn wir uns aktiv bewegen? Forschende von Helmholtz Munich und des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) haben die zelluläre Grundlage und die Signalwege, die für die positive Auswirkung körperlicher Aktivität auf unsere Gesundheit ausschlaggebend sind, unter die Lupe genommen. Ihre Erkenntnis: Regulatorische T-Zellen, eine spezielle Art von Immunzellen, sind entscheidend für die reibungslose Muskelfunktion. Dieses Wissen trägt dazu bei, in Zukunft Präzisionstherapien zur Bekämpfung von Stoffwechselstörungen wie Adipositas und Diabetes sowie Muskelerkrankungen zu entwickeln. Die Ergebnisse wurden nun im Fachjournal 'Cell Metabolism' veröffentlicht.

Adipositas und Typ-2-Diabetes nehmen weltweit zu. Eine übermäßige Nahrungsaufnahme und zu wenig Bewegung tragen zur Entwicklung dieser Erkrankungen bei. Dabei ist Bewegung ein Schlüsselfaktor für die Gesundheit: So kann nicht nur das Krankheitsrisiko für Adipositas und Diabetes verringert, sondern auch beispielsweise das Immunsystem gestärkt werden. Forschende des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) bei Helmholtz Munich und des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) haben nun neue Zusammenhänge zwischen Bewegung, Muskelfunktion und dem Immunsystem enthüllt. Diese neuen Erkenntnisse können nicht nur Menschen mit Adipositas oder Typ-2-Diabetes und Patient:innen mit Muskelerkrankungen zugutekommen, sondern sind auch für professionelle Sportler:innen entscheidend. Das bessere Verständnis der Wechselwirkungen zwischen dem Immunsystem und der Muskulatur beschleunigt die Entwicklung von Präzisionsimmuntherapien für Diabetes und andere Erkrankungen.

Regulatorische T-Zellen sichern die Muskelfunktion
Die positiven Auswirkungen von Bewegung auf den Stoffwechsel und das Immunsystem sind allgemein bekannt. Die genauen Mechanismen, wie körperliche Aktivität die Immunzellen im Muskel beeinflusst, waren bisher jedoch nicht vollständig verstanden. Das Forscherteam hat jetzt die molekularen Mechanismen entschlüsselt, durch die eine spezielle Art von Immunzellen im menschlichen Körper, die regulatorischen T-Zellen (Tregs), die Kommunikation zwischen den Muskeln im Ruhezustand, während der Bewegung und bei Muskelverletzungen steuern. Durch mehr Bewegung sind die Tregs vermehrt in Muskeln zu finden und sorgen so dafür, dass diese ihre Funktion aufrechterhalten können und sich nach der Aktivität regenerieren.

In der neuen Studie wurden Tregs auf vielfältige Weisen im Labor manipuliert, um ihre Funktion bei der Regulierung der Muskelfunktion, -kraft und bei der Regeneration zu verstehen. Dadurch wurde ein Signalweg, der an der Immunantwort und verschiedenen anderen physiologischen Prozessen beteiligt ist, der Interleukin-6 (IL6) Signalweg über den IL6 Rezeptor (IL6R) in T-Zellen, als entscheidend für die Funktionalität der Tregs identifiziert. Nur wenn der IL6R auf der Oberfläche der T-Zellen vorhanden ist, können die Tregs die Muskelfunktion steuern.

Die neuen Erkenntnisse können auch erklären, warum klinische Behandlungen von Entzündungen, die auf IL6R abzielen, oft zu einer Muskelschwäche als Nebenwirkung führen. Die Ergebnisse unterstreichen zusammenfassend, welchen entscheidenden Beitrag ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen dem Immunsystem und dem Stoffwechsel bei Erkrankungen wie Diabetes und Adipositas für die Entwicklung von Präzisionsmedikamenten, die gezielt auf Tregs in unterschiedlichen Umgebungen und Kontexten wirken, leisten kann.

 

Original-Publikation:
Maike Becker et al. (2023): Regulatory T cells require IL6 receptor alpha signaling to control skeletal muscle function and regeneration. Cell Metabolism. doi.org/10.1016/j.cmet.2023.08.010

 

Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich zählt mehr als 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de 

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). www.dife.de

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V. ist eines der sieben Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind Helmholtz Munich – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen von Helmholtz Munich an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden von Helmholtz Munich am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner. www.dzd-ev.de  

Pressekontakt

Birgit Niesing

niesing(at)dzd-ev.de
+49 (0)89 3187-3971


Dr. Astrid Glaser

glaser(at)dzd-ev.de
+49 (0)89 3187-1619